ADFC-Vorsitzender Ulrich Syberg übergibt Bundesminster Andreas Scheuer Gesetzesentwurf

ADFC-Vorsitzender Ulrich Syberg übergibt Bundesminster Andreas Scheuer Gesetzesentwurf © BMVI

Reform StVO: Guter Anfang, aber dicke Brocken kommen noch

Den Entwurf von Bundesverkehrsminister Scheuer für eine fahrradfreundliche Novelle der Straßenverkehrs-Ordnung sieht der Fahrradclub ADFC verhalten positiv.

Er lobt die große Bandbreite an Reformvorschlägen und die Ankündigung, auch das übergeordnete Straßenverkehrsgesetz ab 2020 entsprechend zu reformieren. Der ADFC vermisst allerdings größere Handlungsmöglichkeiten für Kommunen, dem Radverkehr mehr Platz im Straßenraum einzuräumen.     

ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork sagt: „Die Vorschläge des Ministers für eine fahrradfreundliche StVO sind ein guter Anfang. Auch, dass er an den dicken Brocken des Straßenverkehrsgesetzes ran will, ist gut. Denn noch fehlt der große Wurf, der es Städten ermöglicht, den Platz zugunsten des Fahrrads neu aufzuteilen. Es gibt immer noch zu viele Hürden für die Einrichtung von geschützten Radwegen und Fahrradstraßen.“

Die ADFC-Bewertung der Vorschläge im Einzelnen:

  • Generelles Halteverbot auf Schutzstreifen und Erhöhung der Bußgelder: Überfälliger Schritt. Höhere Bußgelder müssen aber auch für Radfahrstreifen und bauliche Radwege gelten, nicht nur auf Schutzstreifen.
  • Mindestüberholabstand für Kfz: Überfälliger Schritt. Das gemeinsame Fahren von Auto- und Radverkehr auf der Fahrbahn sollte allerdings die Ausnahme sein. Ziel müssen durchgängige Netze aus vom Autoverkehr getrennten Radwegen sein.
  • Schrittgeschwindigkeit für rechtsabbiegende LKW: Zu zaghafter Schritt. Echte Schrittgeschwindigkeit - zwischen 4 und 7 km/h - hilft, einen sicherheitsfördernden Geschwindigkeitsunterschied zwischen Lkw und Radfahrenden herzustellen. 11 km/h sind immer noch zu schnell.
  • Grüner Pfeil für Radfahrer: Überfälliger Schritt. Freies Rechtsabbiegen für Radfahrende ist in den Niederlanden, Dänemark und Frankreich bereits erfolgreich erprobt.
  • Einrichtung von Fahrradzonen: Guter Schritt, funktioniert aber nur, wenn gleichzeitig die Einrichtung von Fahrradstraßen erleichtert wird. Das ist bisher nicht vorgesehen.    
  • Nebeneinanderfahren erleichtern: Guter Schritt. Wichtig ist, dass motorisierte Verkehrsteilnehmer diese Regeln auch kennen. Bisher werden Radfahrende auf der Fahrbahn oft angehupt und abgedrängt.
  • Parkverbot an Kreuzungen: Zu zaghafter Schritt. Kreuzungen sollten mit einem Abstand von 10 Metern (statt 5 Metern) von parkenden Fahrzeugen frei gehalten werden, um freie Sicht zwischen Rad- und Autoverkehr zu ermöglichen. So ist es auch in den Niederlanden.
  • Piktogramm Lastenräder: Guter Schritt. Auch für die zunehmende Zahl von Spezialrädern braucht es genügend große, sichere Abstellplätze.
  • Verkehrszeichen für Radschnellwege: Überfälliger Schritt. Radschnellwege müssen durchgängig gut ausgeschildert sein, damit sie als attraktive Schnellverbindung z.B. für Pendler funktionieren. 
  • Überholverbot an Engstellen: Guter Schritt, muss aber mit deutlicher Sensibilisierung der motorisierten Verkehrsteilnehmer einhergehen, von denen Radfahrende häufig als Störfaktor und nicht als gleichberechtigt wahrgenommen werden.  
  • Innovationsklausel: Sehr guter Schritt, der es Kommunen ermöglicht, beispielsweise flächendeckend Tempo 30 oder ein Einfahrverbot für schwere LKW in Pilotprojekten zu erproben
  • Vereinfachte Öffnung von Einbahnstraßen: Kleiner, aber richtiger Schritt, der aber erst 2020 mit der neuen Verwaltungsvorschrift zur StVO kommen soll.

Es fehlt nach Auffassung des ADFC nach wie vor: 
 

  • Abschaffung des Begründungszwangs für manche Typen von Radverkehrsanlagen
  • Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts
  • Leichtere Einrichtung von Fahrradstraßen
  • Verpflichtung zur Einrichtung von Radverkehrsanlagen an allen Straßen über Tempo 30
  • Vorrang für die Einrichtung von Radverkehrsanlagen vor Kfz-Parkplätzen

Hierfür hatte der ADFC Anfang Mai einen eigenen Vorschlag für ein „Gute-Straßen-für-alle-Gesetz“ vorgelegt und Minister Scheuer beim Nationalen Radverkehrskongress in Dresden überreicht.

Stork: „Minister Scheuer muss an einigen Stellen nochmal nachlegen – und schnell an das übergeordnete Straßenverkehrsgesetz ran. Dort muss er festschreiben, dass nicht mehr die Flüssigkeit des Autoverkehrs alleinige Priorität hat, sondern die Gleichstellung aller Verkehrsarten und das Ziel „Vision Zero“, also null Tote im Straßenverkehr. Es ist nicht mehr zeitgemäß, Klima, Umwelt und Gesundheit dem Primat des motorisierten Verkehrs unterzuordnen. Städte müssen die Möglichkeit haben, das freie Parken einzuschränken, um Platz für den Radverkehr zu gewinnen, das Verkehrstempo zu reduzieren und Beschränkungen für den Autoverkehr einzurichten, wo es zur Förderung von Auto-Alternativen sinnvoll ist.“

Hinweis für Redaktionen: Ein Foto der Übergabe des „Gute-Straßen-für-alle-Gesetzes“ an Minister Scheuer sowie Themenfotos Radverkehr und unsere Pressemitteilungen finden Sie in unserem Pressebereich.

 

Über den ADFC

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit mehr als 180.000 Mitgliedern die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik und Tourismus. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs.

Der ADFC auf Twitter: @FahrradClub

Hashtags: #MehrPlatzFürsRad

Downloads

ADFC-Vorsitzender Ulrich Syberg übergibt Bundesminster Andreas Scheuer Gesetzesentwurf

ADFC-Vorsitzender Ulrich Syberg übergibt Bundesminster Andreas Scheuer Gesetzesentwurf

Copyright: BMVI

3840x2160 px, (JPG, 1 MB)

Radfahrerin auf ungeschütztem Radfahrstreifen

Bedrohliche Nähe auf ungeschützer Radspur

Copyright: ADFC / Krone

3024x4032 px, (JPG, 3 MB)


https://kreis-aurich.adfc.de/pressemitteilung/reform-stvo-guter-anfang-aber-dicke-brocken-kommen-noch

Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

  • Was macht der ADFC?

    Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit bundesweit mehr als 220.000 Mitgliedern, die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik, Tourismus.

    weiterlesen

  • Was bringt mir eine ADFC-Mitgliedschaft?

    Radfahren muss sicherer und komfortabler werden. Wir nehmen dafür – auch Dank Ihrer Mitgliedschaft – nicht nur Einfluß auf Bundestagsabgeordnete, sondern setzen uns auf Landes- und Kommunalebene für die Interessen von Radfahrern ein. Für Sie hat die ADFC Mitgliedskarte aber nicht nur den Vorteil, dass wir uns für einen sicheren und komfortablen Radverkehr einsetzen: Sie können, egal wo Sie mit Ihrem Fahrrad unterwegs sind, deutschlandweit auf die AFDC-Pannenhilfe zählen. Außerdem erhalten Sie mit unserem zweimonatlich erscheinenden ADFC-Magazin Information rund um alles, was Sie als Radfahrer politisch, technisch und im Alltag bewegt. Zählen können ADFC-Mitglieder außerdem auf besonders vorteilhafte Sonderkonditionen, die wir mit Mietrad- und Carsharing-Anbietern sowie Versicherern und Ökostrom-Anbietern ausgehandelt haben. Sie sind noch kein Mitglied?

    weiterlesen

  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

    weiterlesen

  • Worauf sollte ich als Radfahrer achten?

    Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, gehören zu den ungeschützten Verkehrsteilnehmern. Sie haben keine Knautschzone – deshalb ist es umso wichtiger, sich umsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Dazu gehört es, selbstbewusst als Radfahrender im Straßenverkehr aufzutreten, aber gleichzeitig defensiv zu agieren, stets vorausschauend zu fahren und mit Fehlern von anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen. Passen Sie Ihre Fahrweise der entsprechenden Situation an und verhalten Sie sich vorhersehbar, in dem Sie beispielsweise Ihr Abbiegen durch Handzeichen ankündigen. Halten Sie Abstand von Lkw, Lieferwagen und Kommunalfahrzeugen. Aus bestimmten Winkeln können Fahrer nicht erkennen, ob sich seitlich neben dem Lkw Radfahrende befinden. Das kann bei Abbiegemanövern zu schrecklichen Unfällen führen. Beachten Sie immer die für alle Verkehrsteilnehmer gültigen Regeln – und seien Sie nicht als Geisterfahrer auf Straßen und Radwegen unterwegs.

    weiterlesen

  • Was ist der Unterschied zwischen Pedelecs und E-Bikes?

    Das Angebot an Elektrofahrrädern teilt sich in unterschiedliche Kategorien auf: Es gibt Pedelecs, schnelle Pedelecs und E-Bikes. Pedelecs sind Fahrräder, die durch einen Elektromotor bis 25 km/h unterstützt werden, wenn der Fahrer in die Pedale tritt. Bei Geschwindigkeiten über 25 km/h regelt der Motor runter. Das schnelle Pedelec unterstützt Fahrende beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h. Damit gilt das S-Pedelec als Kleinkraftrad und für die Benutzung sind ein Versicherungskennzeichen, eine Betriebserlaubnis und eine Fahrerlaubnis der Klasse AM sowie das Tragen eines Helms vorgeschrieben. Ein E-Bike hingegen ist ein Elektro-Mofa, das Radfahrende bis 25 km/h unterstützt, auch wenn diese nicht in die Pedale treten. Für E-Bikes gibt es keine Helmpflicht, aber Versicherungskennzeichen, Betriebserlaubnis und mindestens ein Mofa-Führerschein sind notwendig. E-Bikes spielen am Markt keine große Rolle. Dennoch wird der Begriff E-Bike oft benutzt, obwohl eigentlich Pedelecs gemeint sind – rein rechtlich gibt es große Unterschiede zwischen Pedelecs und E-Bikes.

    weiterlesen

  • Gibt es vom ADFC empfohlene Radtouren für meine Reiseplanung?

    Wir können die Frage eindeutig bejahen, wobei wir Ihnen die Auswahl dennoch nicht leicht machen: Der ADFC-Radurlaubsplaner „Deutschland per Rad entdecken“ stellt Ihnen mehr als 165 ausgewählte Radrouten in Deutschland vor. Zusätzlich vergibt der ADFC Sterne für Radrouten. Ähnlich wie bei Hotels sind bis zu fünf Sterne für eine ausgezeichnete Qualität möglich. Durch die Sterne erkennen Sie auf einen Blick mit welcher Güte Sie bei den ADFC-Qualitätsradrouten rechnen können.

    weiterlesen

Bleiben Sie in Kontakt